Pastoralbrief zum Ostern 2022

 Lobpreis der christlichen Frauen!

„Geht hin und sagt es den Jüngern” (Matthäus 28,7)

Hochehrwürdige Väter und geliebte Gläubige,

 Christus ist auferstanden! 

Wie uns die Heiligen Evangelien bezeugen, waren die ersten Zeugen der Auferstehung des Herrn nicht Seine Jünger, also die Apostel, sondern die balsamtragenden Frauen, die am dritten Tage zum Grab gegangen sind, um den Leichnam Jesu zu salben, der unmittelbar nach seiner Kreuzabnahme ins Grab gelegt wurde, ohne nach jüdischem Brauch gesalbt worden zu sein, hatte doch die Sabbatruhe bereits begonnen. Obwohl sie wussten, dass ein sehr schwerer Stein den Eingang zur Grabeshöhle versperrte und diese von Wächtern bewacht wurde, wurden sie doch nicht mutlos und brachen früh am Morgen vor Sonnenaufgang auf, um den Brauch der Salbung des Leichnams Jesu mit Salböl zu erfüllen.

Als sie bei dem Grab ankamen, stellten sie mit Erstaunen und Verwunderung fest, dass dass Grab offen und leer war und die Wärter verschwunden waren. Dann zeigte sich ihnen ein Engel und sagte ihnen, dass der Herr auferstanden ist und dass sie hingehen sollten, dies Seinen Jüngern zu verkündigen. Und beim Weggehen von der Grabstätte, um dies den Jüngern zu verkündigen, tauchte plötzlich Jesus vor ihnen auf und sagte: „Freut euch” und „Fürchtet euch nicht!” (vgl. Matthäus 28, 5-10) Dies sind zwei Weisungen, die der auferstandene Herr und Erlöser Jesus Christus auch an uns gerichtet hat, sooft wir traurig und niedergeschlagen sind! Wir sollen uns nur immer wieder daran erinnern! Denn wenn wir uns an diese erlösenden Worte erinnern, dann verschwinden aus unserer Seele jede Angst und jede Traurigkeit. 

Diese frommen Frauen sind dem Erlöser an viele Orte im Heiligen Land gefolgt, wo Er das Evangelium verkündigte. Sie dienten Ihm und den Aposteln. Die Heiligen Evangelien zählen einige davon auf: Maria Magdalena, die Mutter des Jakobus und des Joses, die Maria des Klopas, Johanna (die Frau des Chuza; vgl. Lukas 24,10), Salome, Susanna und die beiden Schwestern des Lazarus, Marta und Maria. Die balsamtragenden Frauen haben mit der Gottesmutter an der Spitze den Erlöser auch auf dem Weg nach Golgatha begleitet, sie waren Ihm im schwersten Leiden nahe, während die Apostel mit Ausnahme des heiligen Evangelisten Johannes sich aus Furcht vor den Juden in einem Haus in Jerusalem versteckt hatten. Der Glaube und der Mut dieser Frauen wurden dadurch belohnt, dass der Erlöser diese für würdig befunden hat, zu den ersten Zeugen Seiner Auferstehung zu werden und den Aposteln zu verkündigen, dass Er Sich auch ihnen zeigen werde. Tatsächlich zeigte Sich der Heiland am Tag Seiner Auferstehung den Aposteln, indem Er durch die verschlossene Tür zu ihnen kam. Danach zeigte Er Sich 40 Tage lang von neuem den Aposteln wie auch anderen gläubigen Menschen. Einmal zeigte Er Sich am See Genezareth (Galiläisches Meer) „über 500 Brüdern auf einmal” (vgl. 1. Korinther 15,6). Durch die Auferstehung war der Leib des Herrn von göttlichen Energien durchdrungen und war nicht mehr den Gesetzen der Natur sowie von Zeit und Raum unterworfen. So konnte der Heiland durch verschlossene Türen eintreten und zu den Aposteln gelangen und plötzlich auf dem Weg nach Emmaus dem Lukas und Kleopas erscheinen, die dort unterwegs waren, mit denen er dann gespeist hat, bevor er unsichtbar wurde.              

Geliebte Gläubige,

die Auferstehung des Herrn ist der Grundstein des christlichen Glaubens. Der Apostel Paulus sagt: „Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden (…). Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.” (1. Korinther 15, 17.20) 

Christ zu sein bedeutet daher, von ganzem Herzen zu glauben, dass der Erlöser Jesus Christus durch Seine Auferstehung den Tod besiegt hat. Christ zu sein bedeutet zugleich, von ganzem Herzen zu glauben, dass auch wir den Tod besiegen werden und mit Christus auferstehen werden. Ich habe hier die Worte „von ganzem Herzen glauben” benutzt, spricht doch der Heilige Apostel Paulus selbst davon, „mit dem Herzen zu glauben” und „mit dem Munde zu bekennen” (Römer 10, 10). Er sagt nicht, dass mit dem Verstand geglaubt wird, sondern mit dem Herzen. Wir glauben mit ganzem Herzen und von ganzem Herzen, denn ein abstrakter, rationaler Glaube, der nicht von Herzen kommt und das Herz nicht einschließt, hat keinen Wert und hilft und bewirkt nichts. Nur ein Glaube, der von Herzen kommt, führt uns auf den rechten Weg zur Erfüllung des Willens Gottes und erfüllt unser Herz mit der Kraft der Auferstehung, mit der wir die Sünde, Krankheiten und all unser Unvermögen besiegen, und zuletzt auch den Tod. Der Heilige Apostel Jakobus sagt, dass „auch die Teufel dies glauben und zittern” (Jakobus 2,19), selbst wenn ihr Herz im Bösen versteinert bleibt. Genauso können auch Menschen, die sagen, dass sie an Gott glauben, gleichzeitig aber ein Herz aus Stein haben und nicht von ihren Sünden ablassen, böser sein als Ungläubige. 

Der Glaube von Herzen, dass der Heiland Jesus Christus auferstanden ist und dass Sein Sieg über die Sünde und den Tod auch unser Sieg ist, wird am konkretesten darin sichtbar, dass wir niemals den Mut verlieren im Kampf mit den Versuchungen und Leidenserfahrungen des Lebens, die Gott gerade zur Stärkung unseres Glaubens zulässt. Und dann geschieht das Wunder: Wir alle leiden unter unseren Sünden; wenn wir uns aber nicht darüber aufregen, sondern Gott von ganzem Herzen um Seinen Beistand bitten, dann werden wir allmählich all unser Leid überwinden und im Glauben gestärkt daraus hervorgehen. So werden die Leidenserfahrungen unseres Lebens zur Ursache für die Stärkung im Glauben! Der heilige Apostel Paulus empfindet Freude auch im Leid. Er sagt: „Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.” (2. Korinther 12, 10) Und er spricht uns auch Mut zu beim Tragen unseres Kreuzes, wenn er festhält: „Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr’s ertragen könnt.” (1. Korinther 10, 13) 

Geliebte Gläubige,

Ich habe am Anfang dieses Geistlichen Wortes die balsamtragenden Frauen erwähnt als Beispiel für Treue und Liebe zum Heiland Christus, Dem sie von ganzem Herzen gedient haben, indem sie auch in den schwersten Momenten Seines Lebens zur Seite standen. 

Schon immer haben gläubige Frauen Gott ihrem Herzen als näher verspürt als dies bei  Männern der Fall ist. Eine Frau denkt und arbeitet mehr mit dem Herzen, als mit der Vernunft. „Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt”, hat der französische Philosoph Blaise Pascal gesagt. Wer kann schon die tägliche Aufopferung der Mutter für ihre Kinder verstehen, die sie bestmöglich großzieht und erzieht und für die sie ihr Leben zu geben bereit ist. Wenn wir die Liebe Gottes zu uns verstehen wollen, dann sollten wir immer an die Liebe einer Mutter für ihre Kinder denken.  

Von Anbeginn an bis heute haben gläubige Frauen die Kirchen mit ihrer Anwesenheit iim Gebet gestärkt. Wenn die Frauen bei den heiligen Gottesdiensten nicht dabei wären, dann wären die Kirchen oft eher leer als voll! Doch der größte Verdienst einer Frau ist die Geburt von Kindern und deren Erziehung im Glauben, der einzige unvergängliche Reichtum, den wir unseren Kindern mitgeben können. Eine gläubige Mutter lehrt ihre Kinder zu Hause zu beten und bringt sie an jedem Sonntag in die Kirche, um Leib und Blut des Herrn zu empfangen. Häufig bringen fromme Frauen auch ihre Männer zurück in die Kirche und bringen sie dazu, gemeinsam zur Kirche zu gehen, zu beichten und die Hl. Kommunion zu empfangen. Unsere gläubigen Frauen sind häufig sehr aktiv an der Durchführung der Sonntagsschule beteiligt, auch bei karitativen Aktionen der Pfarrgemeinden, bei der Vorbereitung der Patronatsfeste und anderer Ereignisse im Gemeindeleben, und sie kümmern sich um die Reinigung und den Schmuck der Kirchen. Für all das sollten wir den gläubigen Frauen unserer Pfarrgemeinden Ehrerbietung entgegenbringen und ihnen dabei helfen.     

Geliebte Gläubige,

Wir danken Gott, dem Grundgütigen, dass Er die Welt von den schlimmsten Beschwernissen der Pandemie befreit hat, die so viel Leid im Leben so vieler Menschen verursacht hat. Nun ist Europa mit einem Bruderkrieg zwischen zwei mehrheitlich orthodoxen Völkern konfrontiert, die im selben Wasser des Dnjestr nahe Kiew getauft worden sind. Mit Blick auf diesen Krieg sagt Vater Zaharia, ein Schüler des heiligen Sofronie († 1993) vom Kloster des Hl. Johannes des Täufers in Essex (England): „Wir wissen nicht alles über die Konflikte dieser Welt und wir müssen auch nicht alles wissen. Wir beten schlicht mit einem mitleidsvollem Herzen für den Frieden in der Welt und für alle Menschen. Wir ergreifen nicht Partei für eine Seite, denn jede Seite ist verantwortlich für ihre Verbrechen… Wenn wir für die beten, die mehr im Unrecht sind als die anderen, dann erfüllen wir das Gebot der Feindesliebe. Und wenn wir für die beten, die mehr Recht als Unrecht haben, dann tun wir ein gutes Werk.” 

So lasst uns in unserem Herzen beten dafür, dass Gott in der Ukraine und überall auf Erden, wo sich Menschen bekriegen, Frieden schenkt! Und dass Er uns allen Frieden in den Seelen und gutes Verstehen in unseren Familien schenke! 

In der Hoffnung, dass Sie sich diese geistlichen Ratschläge zu Herzen nehmen wünsche ich Ihnen allen, dass Sie die Heilige Osterfest der Auferstehung unseres Herrn mit Gesundheit und Freude feiern können.

 Christus ist auferstanden! 

† Metropolit Serafim      

(Übersetzung: Pfarrer Dr. Jürgen Henkel, Selb-Erkersreuth)