Heiliger Johannes Cassianus

  Text aus: Metropolit Serafim – Hesychasmus, Rumänische Tradition und Kultur, Der Christliche Osten Verl., Würzburg, 2003

Will man seinem Biographen Gennadius von Marseille(1) glauben, so wurde der Heilige Johannes Cassianus um das Jahr 360 in Skythia Minor (Dobrudscha) geboren. Der Beiname Cassianus weist auf seinen Geburtsort hin, dem römischen Dorf Cassianus (vicus Cassi) im Casimcea – Tal, in der Nähe der Stadt Histria(2) wo man noch heute die Ruinen von sieben paläochristlichen Basiliken aus dem 4. bis 6. Jahrhundert besichtigen kann). In der Umgebung seines Geburtsortes soll der junge Cassianus eine Mönchsgemeinschaft kennengelernt oder sogar häufig besucht haben, wenn wir glauben wollen, was er Bischof Castor sagt, nämlich, daß er sich seit seiner Kindheit (a puerita nostra) unter den Mönchen niedergelassen habe, deren tägliche Exhortationen er mithörte und deren Beispiel er vor Augen hatte. (3)

Begierig, das Leben der Wüstenväter kennenzulernen und zu teilen, verließ Cassianus seine Heimat und unternahm eine lange Reise durch Palästina und Ägypten. Schriftlich sollten die Erfahrungen, die er auf dieser Reise machte, in seinen zwei großen Werken Zönobytische Institutionen und Vorträge festgehalten werden.

Im Jahre 399 hält er sich in Konstantinopel auf und wird vom Heiligen Johannes Chrysostomos zum Diakon geweiht. Nach Rom gesandt, um für seinen Hierarchen zu intervenieren, schließt er eine tiefe Freundschaft zum späteren Papst, dem Heiligen Leo. Danach geht er nach Marseille. Dort gründet er zwei Klöster, eins für Mönche und das andere für Nonnen, nach dem Vorbild der östlichen Klöster.

Leben und Schriften des Heiligen Johannes Cassianus hatten auf die spätere Entwicklung des östlichen Mönchswesens einen entscheidenden Einfluß. Noch heute sind sie eine Quelle der Inspiration in Ost und West.

  1. Vgl. PL LVIII, 1094.

  2. H.I. MARROU, „La patrie de Jean Cassien„, in OCP, Bd. XIII, 1947, S. 588-596.

  3.Institutions cénobitiques, Vorwort, 4, SC 109, Paris, 1965, S. 25-26. Siehe auch Ioan COMAN, „L patrimoine de l’oecouménisme chrétien Du IV – eme au VI-eme siecle en Scythie Mineure (Dobroudja)„, in Contacts XXII (1970), Nr. 69, S. 63-66.